Ideen lauern überall
„Wie kommst du nur auf deine Ideen?“, werden wir Autoren oft gefragt. Darauf gibt es vermutlich mehr Antworten, als es Sandkörner gibt. Mein Problem ist eher das Zuviel an Ideen. In jedem Wolkenfitzelchen, ja sogar in einer weggeworfenen Pappschachtel, die vor sich hin muffelt, entdecke ich manchmal eine tiefgängige Geschichte oder eine Schlüsselszene für meinen nächsten Psychothriller.
Um diese Reizüberflutung zu nutzen, gehe ich nicht einmal schlafen ohne mein smartes Handy, in dem ich mögliche Ideenschnipsel notiere und an meinen Rechner schicke. So kann ich alle Einfälle direkt ins Schreibprogramm übertragen oder in einem von zig-Ordnern für neue Schreibprojekte sichern. Wahrscheinlich würde mich ein Profiler als Sammlerin umschreiben, als Ideen-Messy, der einfach alles aufhebt, mit nach Hause nimmt und aufbewahrt, obwohl er nur einen Bruchteil nutzt. Womit ich nicht die muffelnde Pappschachtel meine;-), ich nehme nur mit, was sie an Ideenstürmen in mir auslöst.
Meist erkenne ich erst später, ob meine Notiz nur ein schillerndes Sandkörnchen beinhaltet oder was wert ist. Die Entscheidung schiebe ich auf. Dafür nutze ich Brainstormingmethoden, die mir schon als Werbetexterin geholfen haben, mich weder zu verzetteln, noch Perlen für eine spätere Nutzung zu übersehen.
Upps, ich sollte vielleicht kurz erklären was Brainstorming überhaupt ist. Sorry, manchmal vergesse ich, dass dieser Begriff ein Insider ist. Abgeleitet von dem Begriff *Sturm im Hirn* bedeutet er in etwa das, was ihr euch vorstellt. Nur, dass ich diesen Sturm nicht bändige. Ich lasse zu, dass mein Unterbewusstsein ihn anfüttert.
Sprudeln lassen, sortiert wird später
Alles was mir einfällt ist wertfrei willkommen. Nichts grenze ich aus, und sei es auf den ersten Blick noch so schwachsinnig. Im Gegenteil, schon der Hauch von Hinterfragen kann tödlich sein für den Ideenfluß. Oder um im Bild zu bleiben, es stoppt den Sturm in meinem Gehirn. Da ich ständig Lösungen suche, bin ich dauerhaft auf Brainstorming-Modus und habe für mich den umgekehrten Weg der Ideenfindung und Filterung gefunden. Ich ordne allzu wild brodelnden Ideen erst später passende Fragen zu, damit ich sie sortieren und nutzen kann. „Was taugt für dieses, was für jenes Psychothrillerprojekt? Was passt zur Lösung, was zum Spannungsaufbau? Was charakterisiert einen Protagonisten, was behindert, was fördert ihn?“
Es ist ein Puzzle, bei dem die Teile für mehrere Bilder, Szenen, Buchprojekte geeignet sind, oder auch nicht. Es macht nur weitaus mehr Spaß als Puzzlen und es macht zuweilen tierisch nervös, weil ein beachtlicher Berg an Puzzleteilen angehäuft wird. Zumindest in den ersten Phasen der Planung. Später scheint mein Gehirn doch so etwas wie eine Vorauswahl zu treffen und hilft mir mit direkten Lösungen. So habe ich zum Beispiel bei den Gebrannten Kindern einige Handlungsstränge versuchsweise unterschiedlich aufgelöst und im Kontext angesehen, bevor ich klar erkannte, was funktioniert, was spannend ist, was nachvollziehbar ist, was die Handlung gaubhaft vorrantreibt. Diese Prüfparameter werden auch in den üblichen Schreibratgebern gut umschrieben. Doch was bei einem Spannungsroman ein unnötiger Stopper ist, kann in einer romantischen Liebesgeschichte sogar die Hauptrolle spielen. Es hilft deshalb wenig, wenn man die Ratschläge einfach 1 : 1 umsetzt. Prüfparameter für Ideen, die in Szenen münden, passe ich dem Genre und der Gesamtdramaturgie an, wobei mehr Logik und strategische Planung als Fantasie gefragt ist.
Was will ich eigentlich sagen? Dass ich nicht die typische Plotterin bin, die Szene für Szene plant? Auch das. Aber vor allem eins: Ideen finden, ist nicht schwer: Die richtigen Ideen, richtig zu nutzen, und sie so umsetzen, dass daraus eine logisch nachvollziehbare Handlung wird, schon eher. Spätestens jetzt brauche ich Testleser, die mit unverbrauchtem Blick sehen, wo es logische Fehler, Durchhänger und Lücken gibt. Dann heißt es überarbeiten, nicht nur einmal. Und ich brauche meine Lektorin, deren Vorschläge mir auch bei Gebrannte Kinder, geholfen haben, die Handlungsstränge und deren Webmuster von außen zu betrachten. Ich mag diese Phase des letzten Schliffs ganz gerne, weil ich meine eigene Story neu entdecke. Das ist ein bisschen wie beim Malen. Das Bild ist da, aber es fehlen noch Glanzlichter, ein paar Tiefen, manchmal sogar eine versetzte Perspektive, oder ein Detail, das ich selbst vorher nicht vorgesehen hatte. Bei meinem ersten Psychothriller Gebrannte Kinder musste ich auch etliche Details übermalen, zugunsten des Gesamtbildes, das dem Genre entsprechend, Spannung und Tempo brauchte. Meine erste Detailverliebtheit musste ich vergessen. Das tat anfangs weh, aber ich hatte in meiner Lektorin eine verdammt gute Lehrerin, die mir zwar die Entscheidung überließ, welche ihrer Vorschläge ich so oder anders umsetzte. Aber sie übermittelte sie so konstruktiv, dass ich ohne Bauchgrimmen selbstkritischer wurde und vieles gerne umsetzte. Zuweilen weitergehend, als vorgeschlagen.
Ob und wie gut es mir gelungen ist mein Zuviel an Ideen zu kanalisieren und wertvolle Tipps meiner Buchengel richtig zu nutzen, weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass diese Art aus ersten Ideenfetzen Psychothriller zu formen, meins ist. Und ich weiß, dass auch Gebrannte Kinder zum Schluss Teamwork war. Danke dafür.
Ich freue mich über euer Feedback und noch mehr über jede Rezension von euch. Genau hier, für Gebrannte Kinder und für den Zweiten, die Götzenkinder.