Schreibkästchenplaudern & Verlorene Kinder
Schreibkästchenplaudern … mitten aus der Feinschliffwerkstatt!
Was passiert eigentlich, nachdem ich dieses merkwürdig verlogene Wörtchen ENDE unter mein Manuskript gesetzt habe?
Veröffentlichen?
Noch lange nicht. Bei mir beginnt nach dem Schreiben erst die richtige Arbeit. Bis dahin habe ich immer mehrere Optionen angedacht, die meine Thriller unterwegs antreiben, die Protas in Zweifel und Schlimmeres treiben – und noch mehr Lösungen, wie sie daraus mehr oder weniger heil herauskommen oder umkommen.
Inzwischen bin ich meilenweit von dem entfernt, was ich irgendwann als schlüssiges Exposee geschrieben hatte. Unterwegs entwickeln meine Helden immer ein Eigenleben, und ich lass sie ein gutes Stück weit laufen. Nur wenn sie allzuweit fliehen, muss ich ein Machtwort schreiben und sie wieder auf Spur bringen. Das ist entweder gut oder schlecht, aber meistens weitaus spannender als zuvor angedacht.
Dann sind da die Ausbrecher, die von reizvollen Nebenfiguren ins Spiel gebracht werden, die sich in unerwarteten Wendungen ausleben müssen. Die Schreibreise ist nervenraubend, schlafraubend, mit offenem Ausgang. Meine Lektorin sagt dynamisches Schreiben dazu. Manchmal schau ich unterwegs neidisch und respektvoll auf die Planer – sie kommen schneller ans Ziel.
Ganz wertfrei. Meins ist das nicht. Ich hab zu viel Respekt vor der Psyche meiner Figuren, die sich mit jedem Dialog, mit jeder Wendung verändern und entwickeln. Und ich folge ihnen.
Und jetzt gerade?
VERLORENE KINDER ist fast ausgehfein …
nach dramaturgischem Lektorat, was gute sechs Wochen enge Zusammenarbeit mit meiner Lektorin brauchte. Zwischen der „Endfassung“ und dem Resultat liegen Welten und ich bin dankbar für den kritischen und konstruktiven Außenblick, der mich weitergetrieben hat. Ich hab manche Kapitel gestrichen, andere hinzugefügt, einen Handlungsstrang neu konzipiert und typischere Locations eingearbeitet.
Für Frankfurter dürften nach der Lektüre einige beschauliche Orte nicht mehr ganz so beschaulich sein 😉
Fertig?
Nö, noch lange nicht.
Änderungen sind Fehlerquellen …
und wenn ich nicht wie ein Luchs aufpasse, dass das Ganze (immerhin rund 500 Seiten und vier miteinander verwobene Handlungsstränge) dann erneut stimmig ist, braucht es viel Lesen. Einmal auf dem Rechner und mehrfach auf dem Reader, wo ich einen klareren Leseblick habe.
Insgesamt haben wir zu zweit drei Stufen durcharbeitet. Aktuell ist das erste Drittel bereits weitergeleitet zur Korrektorin, die extrem wichtig ist, weil die Betriebsblindheit immer mehr zunimmt. Momentan ist die Phase des letzten Feinschliffs ereicht. Inzwischen sind es wirklich nur noch Fitzelchen, die poliert werden. Mal eine Wortdopplung, mal ein Formulierungsfehler, der sich beim Überarbeiten eingeschlichen hat.
Und dann? Fertig?
Nach dem Korrektorat übertrage ich alles ins Original und schau dabei noch einmal ganz genau hin. Und dann? Veröffentlichen? Nö 😉
Jetzt kommt der verflixte technische Teil mit der Formatierungsrunde. Ich schreib meine Manuskripte mit Papyrus, einem Profiprogramm, bei dem ich unterwegs alle Endformatierungen berücksichtige. Demnach müsste alles passen. Tut es nie. Warum? Weil die Überarbeitungen für neue Fehler und Ungenauigkeiten sorgen. Es sieht zwar alles richtig aus, aber die harte „HTML-Wandlung“ fürs eBook übersteht nur, was auch richtig eingegeben wurde. Bevor ich eine saubere eBook-Wandlung erreiche, habe ich deshalb mehrere Probeläufe.
Danach kommt das Formatieren fürs Taschenbuch
Meins erscheint immer etwas später, nachdem das eBook draußen ist. Falls mir doch ein Fehler durchgerutscht sein sollte, erwische ich ihn hoffentlich im zur Probe geladenen eBook, das noch nicht zur Veröffentlichung freigegeben ist. Neues Spiel: mit dem Fehler-Exteufel drübergehn und neues Hochladen der Innenseiten. Abgleichen mit dem Text, mit dem die Innenseiten fürs Taschenbuch formatiert werden.
Doch das ist schon wieder ein gesondertes Thema, bei dem anstelle des dynamischen Formats fürs eBook eine saubere statische Druckvorlage erstellt werden muss.
Der Tag der Veröffentlichung ist Stress pur
Ich bin reif für eine ferne Insel ohne Internet. Eigentlich! Stattdessen futtere ich Schokolade und Muffins, und wehe, irgendein offenes Feuer zündelt in der Nähe. Vorsicht, explosive Autorin!